Interview von Alexey Miller mit dem TV-Kanal Rossija 24
Stenogramm
Moderator: In Moskau tagte das 14. Ministertreffen des Internationalen Energieforums (IEF). Das ist ein für ein beliebiges Land prestigeträchtiges Event. Aus ebendiesem Grunde schaute Premierminister Dmitry Medvedev beim Forum vorbei. Er ließ es sich nicht nehmen, die Anwesenden daran zu erinnern, dass die Ukraine eigentlich gut beraten wäre, für Gas zu zahlen. Doch die Europäer, an die sich diese Botschaft in erster Linie richtete, waren bei diesem Ministertreffen durch keine Minister, sondern durch etwas tiefer stehende Beamte – die Botschafter – vertreten. Briten fehlten gänzlich, sie hatten sogar offiziell verkündet, auch das internationale Forum in Russland wegen der Ukraine boykottieren zu wollen.
Jean-Ives Garnier, Chefstatistiker der Internationalen Energieagentur, präsentierte dem Forum eine überaus aufschlussreiche Prognose bis 2018. Die Zukunft liegt in Asien. Angesichts der Menge an Ressourcen, die Europa und die USA in die „Alternative Energie“ bereits „hineingepumpt“ haben, ist es nicht weiter verwunderlich, dass laut Prognose der Internationalen Energieagentur die Nachfrage nach Kohlenwasserstoffen gerade in Asien auch weiterhin in beschleunigtem Tempo wachsen wird.
Für Russland wäre es viel bequemer, Europa an der Ukraine vorbei mit Gas zu beliefern, hätte die Europäische Kommission erlaubt, die über den Ostseegrund bereits verlegte Nord Stream Pipeline mit voller Kapazität zu nutzen, und würde sie für die in Bau befindliche South Stream Leitung über den Schwarzmeergrund zur Balkanhalbinsel keine Konditionen geltend machen. Doch aus mehreren Gründen möchte die EU zwar Gas beziehen, aber auch Russland nicht entgegenkommen. Was ist da los?
Was wird nun jetzt los sein, da die Ukraine nicht zahlt, Moskau von Kiew Vorkasse verlangt und die Ukrainer erfahrungsgemäß erneut anfangen können, für Europa bestimmtes Transitgas anzuzapfen? Dies berichtete in einem Interview mit den „Nachrichten am Samstag“ Gazprom-Chef Alexey Miller.

Herr Miller, vom Dach des Gazprom-Hauptquartiers ist wohl auch China zu sehen?
Alexey Miller: Vor kurzem fand ein Treffen mit Chinas Energieminister statt; wenn man also in Bildern spricht, ist es tatsächlich zu sehen. Wir trafen uns gerade im 35. Stock des Gazprom-Gebäude.
Moderator: Nicht jedem Ausländer läßt sich der Sinn der russischen Redensart einleuchtend erklären: „Spaß beiseite, mehr wird nicht getätschelt“. Dabei kann aus dem Munde eines russischen Menschen nichts Schrecklicheres ertönen. Falls von den Ukrainern keine Vorauszahlung kommt, fließt am ersten Juni kein Gas mehr in die Ukraine?
Alexey Miller: Vorauszahlungen sind eine freiwillige Angelegenheit. Will man Gas beziehen, dann muss es bezahlt werden. Will man kein Gas beziehen, dann braucht man es nicht zu bezahlen. Sollte es so kommen, dass die Ukraine keine Vorauszahlung für Gaslieferungen im Juni leistet, wird Gazprom keine Einschränkungen einführen. Gazprom wird an die Ukraine schlichtweg so viel Gas liefern, wie die Ukraine gekauft hat. An die russisch-ukrainische Grenze werden wir dabei so viel Gas liefern, wie Europa beziehen soll, wie die Ukraine als Transitgut durchleiten muss.
Moderator: Wenn aber die Ukrainer, wie es schon passiert ist, anfangen, das Gas anzuzapfen, das für Europa bestimmt ist, aber durch dessen Territorium fließt?
Alexey Miller: Laut unserem Transitvertrag mit der Ukraine ist die Ukraine verpflichtet, unser Gas im Transit-Modus nach Europa durchzuleiten.
Moderator: Aber wir wissen doch, wie es war.
Alexey Miller: Gewiss. Aber das bedeutet auch die Verantwortung unserer ukrainischen Partner für die so genannte nichtsanktionierte Entnahme. Doch Gazprom wird alles daran setzen, keine Probleme für europäische Kunden entstehen zu lassen.
Moderator: Die Ukrainer sagen bereits, sie wären bereit zu zahlen, jedoch zum alten Preis. Wäre vielleicht irgendein „Cash“ besser als gar nichts?
Alexey Miller: Ich stimme Ihnen vollkommen zu, irgendein „Cash“ ist besser als gar nichts. Aber die Tendenz, die wir in Sachen Zahlungen Monat für Monat beobachten, wird immer schlimmer. Hatte die Ukraine Anfang des Jahres wenigstens irgendwie versucht zu zahlen und wir haben Zahlungen in Höhe von drei Millionen Dollar, einer Million, fünfhunderttausend gesehen, so hat die Ukraine in den letzten beiden Monaten überhaupt keine Zahlungen für Gas geleistet. Für die Lieferung im April kamen null, für März auch null Zahlungen. In physischem Ausdruck sind inzwischen rund zehn Milliarden Kubikmeter Gas nicht bezahlt worden. Das ist ein Jahresvolumen des Verbrauchs in Polen! Das ist, wie wenn wir ein Jahr lang Gas in vollem Umfang nach Polen liefern, die Polen uns aber keinen Dollar zahlen würden.
Moderator: Die Ukrainer sagen, sie wären bereit, das Schiedsgericht in Stockholm anzurufen. Das erklärte der führende Präsidentschaftskandidat Poroshenko. Da werden Argumente ins Feld gerückt, der vorherige Preis sei ein Preis mit Rabatt gemäß den „Vereinbarungen von Charkow“ gewesen. Russland habe diese Vereinbarungen gekündigt, weil die Krim an Russland gegangen sei. Die Zugehörigkeit der Krim zu Russland werde durch die westliche Gesellschaft nicht akzeptiert, daher hätten die Ukrainer, so heißt es in Kiew, alle Trümpfe in der Hand, sie würden gegen uns gewinnen. Was meinen Sie, wie wird das Schiedsgericht entscheiden, falls es soweit kommen sollte?
Alexey Miller: Die ukrainische Partei behauptet, die Realien hätten sich geändert. Und hier sollte wohl doch gesagt werden, dass das Thema der Preisformel im Vertrag, das Thema des Vertrags an sich überhaupt nicht zur Diskussion steht. Wir arbeiten mit unseren ukrainischen Partnern seit fünf Jahren im Rahmen dieses Vertrags zusammen. In dieser Zeit wurde am Vertrag nichts geändert.
Moderator: Und den hatten die Leute unterschrieben, die jetzt an die Macht gelangt sind?
Alexey Miller: Ja, er wurde gerade von den Leuten unterschrieben, die gegenwärtig den ukrainischen Brennstoff- und Energiesektor verwalten, und zwar auch die NAK Naftogaz of Ukraine. Aber sie sollten begreifen, dass das Gericht in Stockholm ihnen nicht helfen und sie nicht retten wird, denn die Probleme mit den Zahlungen sind keine Probleme der Beziehungen zwischen zwei Wirtschaftssubjekten – der Gazprom und der NAK Naftogaz of Ukraine, sondern Probleme der ukrainischen Wirtschaft. Die Ukraine ist bankrott. In Wirklichkeit ist es ein sehr tief gehendes systemspezifisches Problem. Die Ukraine ist heute nicht in der Lage, Gas zu bezahlen. Sie zahlt weder zu dem Preis, noch zu jenem Preis, weder mit Rabatt, noch ohne Rabatt. Und da sollte es klar sein, dass sich die Situation von Monat zu Monat nur verschlechtert. Die Ursache ist die niedrige Zahlungskraft der ukrainischen Verbraucher und, was wohl am traurigsten ist, die rapide sinkende Zahlungsmoral. Die Institute der Staatsverwaltung sind in der Ukraine praktisch zerstört. In dieser Situation zahlt der Verbraucher für Gas schlicht und einfach nichts. Und wir sehen von Monat zu Monat, dass die Sammelrate bei den Kosten für Gaslieferungen durch die NAK Naftogaz of Ukraine zurückgeht: 50 Prozent, 20 Prozent, und jetzt sind es schon unter zwanzig Prozent. Falls aber die NAK Naftogaz of Ukraine von ihren Kunden kein Geld eintreiben kann, die nicht zahlen wollen, da jede Zahlungsmoral fehlt, schafft kein Gericht in Stockholm Abhilfe.
Moderator: Was ist der Ausweg?
Alexey Miller: Der Ausweg ist ohne Zweifel eine Frage der Hilfe für die Ukraine. Wir hören viel, dass die Europäische Union, der IWF und die USA helfen werden. Die Ukraine soll schon die erste Tranche bekommen haben. Aber wir sehen nach wie vor keine Zahlungen für Gas, keine Tilgung der Schulden.
Moderator: Es gibt ein Memorandum des Internationalen Währungsfonds, in dem es heißt, das von diesem überwiesene Geld sei unter anderem für die Tilgung der Schulden bestimmt. Aber die zahlen trotzdem nicht?
Alexey Miller: Falls das IWF-Memorandum einen derartigen Hinweis enthält, zeigt es, wie sich die Ukraine auch den Vereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds und nicht allein mit Gazprom gegenüber verhält. Wir haben bis dato keine Zahlungen erhalten, weder für die Lieferungen im Juni, noch als Tilgung der vorherigen Verschuldung. Die Verschuldung hat aber inzwischen eine schlechthin astronomische Höhe erreicht – dreieinhalb Milliarden Dollar!
Moderator: Nehmen wir an, die Europäer haben die Ukrainer aufrichtig liebgewonnen und möchten ihnen helfen, ihre Schulden zu bezahlen. Einer der Wege, der Ukraine und Europa zu helfen, das womöglich kein Gas bekommt, falls die Ukraine es anzapft, wäre, Gazprom zu gestatten, die Nord Stream Pipeline voll auszunutzen, die nicht vollständig ausgelastet ist.
Alexey Miller: Ja.
Moderator: Sowie die South Stream Pipeline und die OPAL zu bauen.
Alexey Miller: Vollkommen richtig.
Moderator: Wenn das gestattet würde, würde Gas an der Ukraine vorbei fließen, aber Europa würde es garantiert erhalten. Weshalb lehnen die Europäer einen derartigen Kompromiss ab?
Alexey Miller: Ich glaube, die Europäische Kommission kann auf dieses Thema zurückkommen, falls sich Probleme mit dem Transit über das Territorium der Ukraine ergeben sollten. Ich glaube, dann wird auch das Thema OPAL geregelt werden. Aber auch die OPAL löst das gesamte Problem nicht. Über das Nord Stream System können wir, wenn wir Mengen von der ukrainischen Route abziehen, lediglich 50 Millionen Kubikmeter pro Tag umleiten. Doch das ist in Wirklichkeit nicht einmal die Hälfte von jenem Volumen, das im Transitmodus durch die Ukraine befördert wird.
Moderator: Also gehört auch noch der South Stream dazu?
Alexey Miller: Ganz gewiss. Allein der South Stream hebt alle Transitrisiken der Ukraine auf.
Moderator: Aber die Europäer lassen dieses Projekt aus politischen Erwägungen heraus nicht vorankommen. Oder doch? Die Europäische Kommission ist scheinbar dagegen, aber mit einzelnen Staaten kommen Sie doch klar. Welche Waagschale ist denn schwerer?
Alexey Miller: Ausschlaggebend ist, dass die Pipeline gebaut wird. Wir haben mit dem Bau überhaupt keine Probleme. Das betrifft den Offshore-Teil auf dem Schwarzmeergrund, das betrifft Bulgarien und Serbien. Es gab ein Treffen mit dem Ministerpräsidenten Ungarns, Herrn Orban. Und es bestehen überhaupt keine Zweifel, dass der Bau des ungarischen Abschnitts und dessen Fertigstellung absolut termingerecht ablaufen wird.
Moderator: Und was halten Sie in diesem Fall von den Vorwürfen, Gazprom zerstöre die Einheit der Europäischen Union?
Alexey Miller: Wir richten uns in erster Linie nach jenem Interesse, nach jenem Willen der Partnerländer im South Stream Projekt, den wir sehen, nach jener Unterstützung, die sie bekunden. Der South Stream hat in jedem dieser Länder den Status eines prioritären Nationalen Projekts erhalten. Eigentlich ist niemand in der Lage, dessen Bau zu untersagen. Etwas anderes ist es, dass es Regulierungsfragen mit dem dritten Energiepaket gibt. Wir begreifen, dass es sie auch mit Europa zu diskutieren gilt. Aber das betrifft erst die Betriebsphase. Was aber die Phase des Baus und der Inbetriebnahme der Pipeline genau nach Zeitplan angeht, so werden die ersten Lieferungen nach Bulgarien im Dezember nächsten Jahres starten, die erste Offshore-Leitung auf dem Schwarzmeerboden „kommt“ aus Russland nach Bulgarien im Dezember nächsten Jahres, das steht außer Zweifel.
Moderator: Es heißt, Sie sollten ebenfalls auf die Sanktionsliste kommen, die europäische politische Klasse hätte dafür plädiert, aber Ihre europäischen Geschäftspartner hätten Sie in Schutz genommen. Sie reisen weiterhin nach Europa, unter anderem fliegen Sie zu Verhandlungen nach Amsterdam. Stimmt es, dass es eine solche Wahrscheinlichkeit gegeben und Geschäftsleute, Ihre Partner, Sie davor bewahrt hatten?
Alexey Miller: Ich kann mir Sanktionen im Gassektor überhaupt schwer vorstellen. Im vorigen Jahr überstiegen russische Gaslieferungen auf den europäischen Gasmarkt 31 Prozent. Am wichtigsten ist, dass wir diese Lieferungen vergrößern. In absolutem Ausdruck betrugen die Lieferungen ins ferne Ausland im vorigen Jahr 162,7 Milliarden Kubikmeter. Das ist eine Rekordmenge der Exportlieferungen in der gesamten Geschichte von Gazprom, in der gesamten Geschichte der Gasindustrie der UdSSR. Wir begreifen sehr wohl, dass Europa nirgendwo Ersatz für russisches Gas finden kann und dass es dazu in der Tat keine Alternativen gibt. Im ersten Quartal haben wir die Lieferungen um 2,6 vergrößert. Wir verfolgen aufmerksam die Lieferungen seitens anderer Lieferanten. Was sehen wir da? Wir sehen eine Verringerung der Mengen bei solchen für Europa wichtigen Lieferanten wie Algerien, Katar, Nigeria.
Moderator: Die können also Russland nicht ersetzen?
Alexey Miller: Nein. Man muss begreifen, dass wir das Ansehen von Gazprom als zuverlässiger Lieferant des europäischen Marktes, der seine Verpflichtungen stets termingerecht und in vollem Umfang erfüllt, während der letzten vierzig Jahre geprägt haben. Jene Probleme, die heute existieren, sind keine Probleme unserer Beziehungen mit europäischen Konsumenten, mit unseren europäischen Partnern. Das sind Probleme der Transitrisiken auf dem Territorium der Ukraine, die nicht erst gestern entstanden sind, von denen wir bereits vor vielen Jahren gesprochen hatten. Die Umsetzung eines Projekts wie der Nord Stream und der Bau des South Stream hängen mit der Vermeidung von Transitrisiken auf dem Territorium der Ukraine zusammen.
Moderator: Man bekommt ein Gefühl dafür, was sie auch den chinesischen Partnern antworten, die wahrscheinlich zur folgenden These greifen könnten: Jungs, ihr habt Probleme mit den Europäern, ihr findet keinen Ausweg, deswegen unterschreiben wir unseren Vertrag ausschließlich zu unseren Bedingungen. Allem Anschein nach ist die Situation aber komplexer und reicher an Mosaikelementen?
Alexey Miller: Was den chinesischen Vertrag angeht, ist es vollkommen richtig. Wir werden ihn zu Konditionen unterschreiben, die für Russland wirtschaftlich akzeptabel sind. Bei Verhandlungen mit dem Energieminister Chinas wurde festgelegt, dass wir unsere Vereinbarungen auf der Grundlage des Prinzips des gegenseitigen Vorteils erzielen werden.
Moderator: Kommt der Vertrag während des Besuchs Putins zustande?
Alexey Miller: Wir befinden uns in der Abschlussphase der Verhandlungen. Der Vertrag als Dokument ist vollständig fertig. Das ist ein sehr ernstes und umfangreiches Dokument. Eine riesige Anzahl komplizierter, keineswegs einfacher kommerzieller, technischer, produktionsspezifischer und technologischer Fragen ist gelöst. Es bleibt nur noch eine Frage übrig – der so genannte Basispreis in der Preisformel, der, und das ist überaus beachtenswert, mit unseren chinesischen Partnern bereits voll abgestimmt ist. Deswegen bleibt nur noch ganz wenig übrig, und zwar – lediglich eine Zahl einzusetzen. Und dann wird ein dreißigjähriger Vertrag über die Lieferung von 38 Milliarden Kubikmetern Gas aus Ostsibirien nach China unterschrieben werden.
Moderator: Das ist etwas, worüber sich die Europäer Gedanken machen sollten.
Alexey Miller: Wenn es um Mengen geht, sollte nicht vergessen werden, dass die 38 Milliarden erst ein Anfang sind. Wir haben mit unseren chinesischen Partnern vereinbart, sobald wir den Vertrag zur Ostroute unterschrieben haben, nehmen wir die Verhandlungen zur Westroute auf. Hier gibt es aber einen grundsätzlichen Unterschied in Bezug auf die Ressourcenbasis. Das ist schon die Basis, aus der wir Gas nach Europa liefern.
Moderator: Und da muss schon entschieden werden, an wen es geht?
Alexey Miller: An Gas gibt es mehr als genug, die Ressourcen sind einfach gigantisch. Deswegen können wir beträchtliche Gasmengen auch nach China liefern, die in Wirklichkeit in mittelfristiger Perspektive mit dem Volumen der Gaslieferungen nach Europa vergleichbar sein können.
Moderator: Das ist sehr wichtig zu begreifen. Es besteht also keine Gegenüberstellung – Europa gegen China? Gazprom ist bereit, mit den einen wie mit den anderen zu arbeiten?
Alexey Miller: Ja, gewiss.
Moderator: Das Interview der „Komsomolskaya Pravda“ mit dem Wirtschaftsexperten Inosemtsev enthält den Vorschlag, alle Erlöse von Gazprom dem Fiskus zu überlassen. Derartige sozialistische Ideen sind momentan recht beliebt. Es ist auch schwierig Inosemtsev zu widersprechen, denn im Volksbewusstsein sieht es so aus: Wenn ihr nationales Vermögen seid, möchtet ihr bitteschön alle Einnahmen beim Fiskus belassen. Was meinen Sie zu diesem derart exotischen Vorschlag?
Alexey Miller: Gazprom ist ein sozial bewusstes Unternehmen. Dem Staat gehört das Kontrollpaket der Gazprom-Aktien. Die Aufgaben, die wir lösen, sind mannigfaltig. In erster Linie ist dies ganz gewiss zuverlässige Versorgung der Verbraucher in der Russischen Föderation und unserer Partner im Ausland mit Gas, die Abdeckung des Spitzenbedarfs in der Herbst-Winter-Periode. Unser Winter ist kalt, wir sind ein nördliches Land. Ich darf auch daran erinnern, dass jede zweite Glühbirne in Russland dank dem Gazprom-Gas brennt. Gleichzeitig lösen wir auch andere Aufgaben. Das ist die Maximierung unserer Abführungen an den Staatshaushalt und sicherlich auch die Erhöhung der Einnahmen unserer Aktionäre aus den Dividenden. Das Unternehmen muss ohne Zweifel alle diese Aufgaben lösen, dabei aber das Hauptziel –zuverlässige Versorgung aller unserer Kunden in Russland wie im Ausland im Winter und im Sommer erreichen.