Alexander Sedykh

Seit 1972 Leiter der Technischen Verwaltung beim Ministerium für Gasindustrie der UdSSR, seit 1989 Vorstandsmitglied und Leiter der Abteilung für wissenschaftlich-technischen Fortschritt und Ökologie beim Staatlichen Gaskonzern Gazprom, 1993 Leiter der Verwaltung für wissenschaftlich-technischen Fortschritt und Ökologie bei der RAO Gazprom.

„Die gesamte Tätigkeit von Sabit Orudzhev bewies, dass Menschen das wertvollste Kapital einer jeden Belegschaft sind...“

Einfluss auf das Leben seiner Mitmenschen

In unserer Zeit, da sämtliche Werte einer einschneidenden Neueinschätzung unterzogen werden, sind die Bedeutung politischer Epochen in unserem Land und moralische Leitbilder aufgearbeitet worden. Es sind aber Namen geblieben, die in unserem Gefühlsleben einen hohen Rang haben und in jedermanns Herzen bleiben, solange wir leben. Zu diesen Namen gehört für mich Sabit Orudzhev.

Jeder von uns Mitarbeitern der Gasindustrie, von Menschen des neuen Zeitalters, wäre an einem anderen Platz gewesen und hätte eine andere Denkweise gehabt, wenn nicht sein mächtiger Einfluss gewesen wäre, den Sabit Orudzhev auf den Aufschwung in der Gasindustrie in den 70er/Anfang der 80er Jahre ausgeübt hatte. Innerhalb von etwas mehr als acht Jahren, in denen Sabit Orudzhev an der Spitze der inländischen Gasbranche stand, stiegen die Gasförderung im Land von 220 auf fast 450 Milliarden Kubikmeter pro Jahr und die Länge von Ferngasleitungen um 53.000 Kilometer. Die heutige Aktiengesellschaft Gazprom hat diesem Menschen, der zu den größten Schlüsselfiguren in der Gasindustrie des Landes gehört, vieles zu verdanken.

Sabit Orudzhev verstand es – und darin besteht sein unvergesslicher Verdienst – einen Kollegen für dessen Arbeit und Branchentreue zu schätzen. Er glaubte an Mitarbeiter seines Ministeriums, und die Mitarbeiter glaubten an ihn.

Plan geht über alles

Während seiner gesamten Tätigkeit im Ministerium für Gasindustrie war für Sabit Orudzhev der Kampf um die Erfüllung des vorgegebenen Plans zur Entwicklung der Branche heilig. Ich habe noch heute seine Rede am 31. Dezember 1972 anlässlich des neuen Jahres, in dem er seine Arbeit in der Gasindustrie antrat, in Erinnerung: „Auf dass der letzte Tag in diesem Jahr zum letzten Tag wird, an dem der Plan für die Gasförderung nicht erfüllt worden ist.“ Wir können heute bestätigen, dass Sabit Orudzhev die ihm auferlegte Pflicht glanzvoll erfüllt hat. Ohne Pessimismus in schweren Augenblicken und ohne Gejubel in Zeiten des Erfolgs.

Treffen mit Gazprom-Delegierten auf dem XVIII. Kongress des Komsomol, 1978
Treffen mit Gazprom-Delegierten auf dem XVIII. Kongress des Komsomol, 1978

Treffen mit Gazprom-Delegierten auf dem XVIII. Kongress des Komsomol, 1978

Arbeit vom ersten Augenblick an

Am nächsten Tag, nachdem Sabit Orudzhev zum Minister ernannt worden war, rief ihn Regierungschef Alexey Kosygin an und verlangte von ihm streng Rechenschaft wegen mangelhafter Gaslieferung an einen der wichtigsten Betriebe im Land. Sabit Orudzhev antwortete Alexey Kosygin, dass er noch nicht einmal einen Tag als Minister gearbeitet hat und seinen Verweis nicht hinnehmen kann, woraufhin Alexey Kosygin ihm in barschem Ton erklärte: „Sie sind ab der ersten Minute Ihres Amtsantritts als Minister für die Gasversorgung verantwortlich.“ An diese Lehre erinnerte Sabit Orudzhev später alle Führungskräfte. Deshalb musste er sozusagen „ohne Anlauf zu nehmen“ lernen, auf Probleme einzugehen und sich mit der Arbeit in der Gasindustrie vertraut zu machen.

Sabit Orudzhev und Yury Zaitsev unter Mitarbeitern von Chernomorgazprom
Sabit Orudzhev und Yury Zaitsev unter Mitarbeitern von Chernomorgazprom

Sabit Orudzhev und Yury Zaitsev unter Mitarbeitern von Chernomorgazprom

Strenge und Besonnenheit

Sabit Orudzhev war ein strenger und anspruchsvoller Chef. Nachdem er jemanden zurechtgewiesen hatte, was er gut konnte, wenn er der Auffassung war, dass sein Auftrag nicht erfüllt worden war, legte sich jedoch sein Zorn schnell wieder. Einmal schickte er mich im Winter 1975, als die erste Ausbaustufe des Gaschemiekomplexes Orenburg bereits in Betrieb war, an der Spitze eines Teams von Fachleuten nach Orenburg. Ich hatte die Aufgabe, eine Machbarkeitsstudie vorzunehmen zur Steigerung des Betriebsdrucks in Pipelines, die vom Gasfeld zum Gasverarbeitungswerk führten, um deren Leistung und folglich die Erdgasförderung hochzufahren. Auf den Weg gab Sabit Orudzhev mir mit, dass er darüber mit Alexey Kosygin wie über eine bereits beschlossene Sache gesprochen hatte. Vor Ort erwies sich, dass alle Fachleute strikt gegen so eine Entscheidung waren, weil sie meinten, dass der Druckaufbau die Zähigkeit von Stahl im Rohr übersteigen würde, was eine Wasserstoffversprödung und Rissbildung in den Pipelines nach sich ziehen könnte. Im Endergebnis käme es nicht zu einer Steigerung der Gasförderung, sondern im Gegenteil zu deren Schwund.

Sabit Orudzhev und Pasha Arushanov während einer Indien-Reise
Sabit Orudzhev und Pasha Arushanov während einer Indien-Reise

Sabit Orudzhev und Pasha Arushanov während einer Indien-Reise

Meinung anderer Fachleute

Als Sabit Orudzhev darüber berichtet wurde, „ging die Hölle los“ und er warnte uns, dass unsere Wege sich trennen würden. Ein paar Tage später lud er andere Fachleute ein, die er von seiner früheren Arbeit im Ministerium für Erdölindustrie kannte, weil er damit rechnete, dass sie ihn unterstützen würden. Zu seiner Verwunderung bestätigte keiner von den sechs eingeladenen Experten, dass es möglich wäre, den Druck zu steigern, und Sabit Orudzhev musste sich mit ihnen einverstanden erklären. Nach diesem Vorfall hörte ich von Sabit Orudzhev keinerlei Vorwürfe mehr und empfand keinerlei Respektlosigkeit mir gegenüber.

Vertrauliches Gespräch. S. Orudzhev, L. Kurilkin und G. Chekryzhov
Vertrauliches Gespräch. S. Orudzhev, L. Kurilkin und G. Chekryzhov

Vertrauliches Gespräch. S. Orudzhev, L. Kurilkin und G. Chekryzhov

Verantwortung übernehmen

Sabit Orudzhev hatte niemals das beklommene Gefühl, ein nicht mehr junger Minister zu sein. Als er einmal Ende August aus dem Urlaub zurückkehrte, stellte es sich heraus, dass das eingespeicherte Gas in UGS vor Einbruch der Herbst- und Winterzeit nicht ausreichte, um die zuverlässige und reibungslose Gasversorgung des Landes im kommenden Winter aufrechtzuerhalten. Ihm wurde erklärt, diese Situation sei dadurch entstanden, dass aus den Gasfeldern, die auch ohnedies am Rande ihrer Möglichkeiten betrieben wurden, nicht genügend Gas gefördert wurde. Sabit Orudzhev übernahm sofort die volle Verantwortung für die Ausbeute aller größten Erdgaslagerstätten (Schatlykskoje, Orenburgskoje, Medweschje, Wuktylskoje u.a.) über deren technologisch zugelassenen Möglichkeiten hinaus. Dadurch wurde die gesamte Förderung hochgefahren, um Mengen zu gewährleisten, die für die Einspeicherung von Gas in UGS und für die Vorbereitung auf den Betrieb in der Herbst- und Winterzeit benötigt wurden.

Klappfenster als politisches Instrument

Er konnte nicht ruhig mitansehen, dass in der Winterzeit Klappfenster in Wohnhäusern offenstanden. An einem kalten Wintertag besuchte Alexey Kosygin auf nachdrückliche Einladung von Sabit Orudzhev das Ministerium. Während der Beratungen bat ihn Sabit Orudzhev ans Fenster zu kommen und zeigte ihm die geöffneten Klappfenster im gegenüberliegenden Wohnhaus. Er rechnete nämlich mit seiner Unterstützung bei der Durchsetzung einer energiesparenden Politik.

Blitzschnelles Reaktionsvermögen

Wenn sich ein Notfall ereignete, der eine Störung in der Gasversorgung nach sich ziehen konnte, flog Sabit Orudzhev umgehend zu dessen Behebung. Sobald er Informationen erhielt, dass Geologen in der Umgebung von Astrachan eine neue Erdgaslagerstätte entdeckt hatten und die abgeteufte Bohrung einen industriellen Gaszufluss ergab, flog er am nächsten Tag nach Astrachan, um sich persönlich davon zu überzeugen.

Begegnung am Flughafen. S. Orudzhev, Yu. Zaitsev, D. Sinyakov und V. Dubakin
Begegnung am Flughafen. S. Orudzhev, Yu. Zaitsev, D. Sinyakov und V. Dubakin

Begegnung am Flughafen. S. Orudzhev, Yu. Zaitsev, D. Sinyakov und V. Dubakin

Er stellte umgehend ein Team aus Fachleuten mit mir an der Spitze auf und schickte es nach Kanada auf Dienstreise. Wir sollten Kenntnis davon nehmen, wie schwefelreiches Gas, das auch in der Lagerstätte Astrachanskoje enthalten war, in Kanada gefördert wurde. Aufgrund von Dokumentationen dieses Teams legte Sabit Orudzhev zwei Wochen später einen Entwurf für die erste Regierungsverfügung des Landes über die Erschließung der Lagerstätte Astrachanskoje und den Bau des Gaschemiekomplexes Astrachan vor. Diese Verfügung wurde vom Ministerrat der UdSSR verabschiedet.

Einmal klingelte bei mir abends das Telefon, und Sabit Orudzhev sagte, ich solle morgen früh um 7 Uhr am Flughafen Vnukovo sein, um nach Nikolajew zu fliegen. Dort sollte ich den Betrieb für die Herstellung von Gasturbinentriebwerken für Schiffe besichtigen. Am Vortag hatte er Informationen erhalten, dass der Einsatz von Schiffsturbinen neben Flugzeugtriebwerken als Antrieb für Kreiselgebläse in Verdichterstationen hocheffizient sei. Als wir ihm diese Auskunft vorgelegt hatten, rechneten wir damit, dass er eine Sitzung zu der von uns geschilderten Angelegenheit einberufen würde. Seine Reaktion erfolgte jedoch sofort: Sabit Orudzhev wollte alles, was wir vorgeschlagen hatten, mit eigenen Augen sehen. Wir flogen um8 Uhr morgens nach Odessa, fuhren mit einem Wolga-Wagen aus Odessa nach Nikolajew und kehrten am selben Tag gegen 22 Uhr nach Moskau zurück. Daraufhin wurden auf Vorschlag des Ministeriums für Gasindustrie und des Ministeriums für Schiffbau Betriebe für die Herstellung von Schiffsturbinen in Krywyj Rih und für die Produktion von Kreiselgebläsen in Iwano-Frankiwsk gebaut. Es wurde beschlossen, auf deren Basis Vorverdichteranlagen im Maschinenbauwerk Sumy herzustellen. Die gesamte Produktionskette wurde innerhalb von 2,5 Jahren aufgebaut...

Immer im Dienst

Sabit Orudzhev reiste immer und jederzeit, um Probleme vor Ort zu bewältigen: beim Bau des Gaschemiekomplexes Orenburg, beim Niederbringen von Bohrungen und beim Bau von Gasförderanlagen in der Lagerstätte Medweschje im Norden des Verwaltungsgebietes Tjumen und in der Lagerstätte Schatlykskoje in Turkmenien. Er setzte durch, dass Ministerpräsident Alexey Kosygin und andere Staatsmänner diese Objekte besuchten...

Die gesamte Tätigkeit von Sabit Orudzhev bewies, dass Menschen das wertvollste Kapital einer jeden Belegschaft sind.Deshalb hatten für ihn die Sorge um die besten Mitarbeiter, deren Weiterbildung und Verbesserung ihrer sozialen und alltäglichen Verhältnisse neben anderen Aufgaben oberste Priorität. Er investierte in seine Mitarbeiter, in deren Schulung und Weiterbildung, indem er in den größten Gasförderregionen Berufsfachschulen schuf. In Orenburg wurde eine Filiale des Moskauer Gubkin-Instituts für Petrochemie und Gasindustrie gegründet. An den Industriehochschulen in Tjumen und Uchta wurde die materielle und technische Basis ausgebaut.

V. Dymshits, A. Kosygin, S. Orudzhev, G. Margulov, A. Kovalenko und N. Bely in einem Betrieb des Ministeriums für Gasindustrie
V. Dymshits, A. Kosygin, S. Orudzhev, G. Margulov, A. Kovalenko und N. Bely in einem Betrieb des Ministeriums für Gasindustrie

V. Dymshits, A. Kosygin, S. Orudzhev, G. Margulov, A. Kovalenko und N. Bely in einem Betrieb des Ministeriums für Gasindustrie

Neue Sichtweise

Sabit Orudzhev verwandelte die Entwicklung der Gasindustrie in einen innovativen Prozess, der darauf ausgerichtet war, Technologien, Anlagen für Gasfelder, Gastransporte und Gasverarbeitung ständig zu modernisieren sowie die Teuftechnik für Bohrarbeiten zu vervollkommnen.

Während seiner Amtszeit wurden die wissenschaftliche Unionsindustrievereinigung Soyuzgazavtomatika in Moskau, das Unionsinstitut für Gasverarbeitung in Baku, das Sonderkonstruktionsbüro Turbogaz in Charkiw, die Filiale von Soyuzgazavtomatika in Charkiw, die Filiale von VNIIGAZ in Uchta gegründet und die Filiale von VNIIGAZ in Tjumen in ein eigenständiges Institut umgewandelt.

Sabit Orudzhev war nicht nur als großer und sehr einflussreicher Staatsmann, sondern auch als Fachmann für die Erschließung von Kohlenwasserstoffvorkommen auf hoher See bekannt. Es war nämlich seine Initiative, das Ministerium auf umfangreiche Arbeiten auf dem Schelf vorzubereiten. 1979 etablierte er die Hauptverwaltung für Prospektion und Ausbeute von Offshore-Erdöl- und Erdgaslagerstätten beim Ministerium. Sabit Orudzhev leistete eine umfangreiche Arbeit, um eine industrielle Grundlage für die Prospektion von Offshore-Lagerstätten und für die Erdölförderung in den Gewässern des Kaspischen Meeres, der Barentssee und des Schwarzen Meeres zu schaffen. Die Entdeckung der größten Gaskondensatlagerstätte Schtokmanowskoje in der Barentssee im Jahr 1988 ist vielfach der von ihm eingeleiteten Arbeit an der Erschließung von Kohlenwasserstoffen auf hoher See zu verdanken.

Auszeichnung von Alexander Sedykh mit einem Regierungspreis
Auszeichnung von Alexander Sedykh mit einem Regierungspreis

Auszeichnung von Alexander Sedykh mit einem Regierungspreis