Innovationen
21. Februar 2019
Der Beitrag erschien in der Unternehmenszeitschrift „Gazprom“, Nr. 1–2. Das Gespräch führte Denis Kirillov
Oleg Aksyutin, Vorstandsmitglied und Departmentleiter der PAO Gazprom, beantwortet Fragen der Zeitschrift.
- Herr Aksyutin, erzählen Sie bitte über die Geschichte der innovativen Entwicklung der Gazprom-Gruppe.
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Der Begriff „Innovation“ tauchte in der russischen Praxis vor relativ kurzer Zeit auf. Unter Innovation versteht man in der Regel ein neues, in den Verkehr gebrachtes und wesentlich verbessertes Produkt (eine Ware bzw. Dienstleistung) oder einen Prozess, ein Verkaufsverfahren bzw. ein Verfahren in Geschäftsabläufen, in der Gestaltung von Arbeitsplätzen oder in Außenbeziehungen.
Wenn wir Innovationen unter dem Gesichtspunkt dieser Definition betrachten, so stellen sie seit der Konzerngründung einen integrierten Teil der Gazprom-Tätigkeit dar. Stetige Veränderungen im internen und externen Umfeld generieren Herausforderungen, die uns im Gegenzug Handlungen abverlangen: eine Lösung für entstehende wissenschaftlich-technische Fragen, eine Anpassung von Formen der gegenseitigen Beziehungen mit Vertragspartnern, Veränderungen bestehender Organisationsprozesse etc.
Managementsystem
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Zum Managementsystem der innovativen Tätigkeit des Konzerns gehören Prozesse der lang- und mittelfristigen Planung, Entwicklungsprozesse der Produktionstätigkeit, Investitions-, Lieferanten- und Herstellermanagement, Forschungs- und Entwicklungsmanagement sowie Technologiemanagement, in dessen Rahmen das Programm der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten jährlich aufgebaut wird.
Als erstes Grundsatzpapier für langfristige Planung und Innovationsmanagement des Konzerns gilt das Programm zur innovativen Entwicklung bis 2020, das im Juni 2011 vom Aufsichtsrat der Gazprom gebilligt wurde.
Dieses Programm umfasst das Gas-, Öl- und Elektrizitätsgeschäft. Es enthält komplexe miteinander verbundene Maßnahmen, die darauf abzielen, neue Technologien, innovative Produkte und Dienstleistungen, die das internationale Niveau überbieten, zu entwickeln und einzuführen. Sie sollen auch günstige Voraussetzungen für die Entwicklung der innovativen Tätigkeit sowohl in der Gazprom-Gruppe als auch in verwandten Industriebranchen in Russland schaffen.
Nach Maßgabe föderaler Regierungsbehörden, der Regierungskommission für Spitzentechnologien und Innovationen sowie des Beirates für Modernisierung der Wirtschaft und innovative Entwicklung Russlands beim Präsidenten der Russischen Föderation erfolgen fortlaufend Monitoring und eine Aktualisierung des Programms zur innovativen Entwicklung. So gilt derzeit bei Gazprom dieses Programm in der Fassung, die im April 2018 vom Aufsichtsrat gebilligt worden ist.
- Auf welchen Grundsätzen beruht die Innovationsstrategie der Gazprom-Gruppe?
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Die Innovationsstrategie ist an das langfristige Entwicklungsprogramm der Gazprom-Gruppe gekoppelt. Ich möchte daran erinnern, dass unser strategisches Ziel darauf hinausläuft, dass Gazprom mittels Diversifizierung von Absatzmärkten, Gewährleistung zuverlässiger Lieferungen, Effizienzsteigerung der Geschäftstätigkeit und Nutzung des wissenschaftlich-technischen Potentials ihre führende Stellung unter globalen Energiekonzernen bewahrt.
Prospektion
- Wie wird die Innovationspolitik in jedem einzelnen Segment der Geschäftstätigkeit umgesetzt?
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Beginnen wir mit dem Gasgeschäft. 2016 bis 2018 erzielten wir in diesem Geschäftsfeld 75 Ergebnisse von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten. Innovationen sind bei Prospektionsarbeiten mit der Umsetzung mehrerer Projekte verbunden: Erschließung der Öl- und Gaskondensatlagerstätte Tschajandinskoje und der Gaskondensatlagerstätte Kowyktinskoje, der Lagerstätten auf der Halbinsel Jamal und des Projekts Sachalin II sowie der Öl- und Gasressourcen auf dem Jamal-Schelf in der Karasee. Komplexe Arbeiten am Verfahren für die Sondierung von Erdgas- und Erdölvorkommen anhand extrem kurzer leistungsstarker elektromagnetischer Impulse für die Untersuchung anisotroper Bodenstrukturen um Bohrungen herum werden fortgesetzt. Komplexe technische Anforderungen an die Software für die Aufsuchung, Prospektion und Ausbeute von Lagerstätten im Rahmen der Digitalisierung relevanter technologischer Prozesse der Gazprom werden entwickelt. Dank der Technologie für komplexe Interpretation von Daten geophysikalischer Untersuchungen von Bohrungen in kompliziert strukturierten Speichergesteinen verschiedener öl- und gastragender Schichten auf der Halbinsel Jamal wurden Anforderungen an die Bearbeitung geologsicher und geophysikalischer Daten zur produktiven Neokom-Apt-Formation gestellt. Sie ermöglichen eine Bewertung der Filtrationseigenschaften und Durchlässigkeit dieser Speichergesteine anhand moderner Methoden.
Der Einsatz entwickelter lithologischer und petrophysikalischer Modelle von Ablagerungen der größten zukunftsträchtigen Strukturen in den Gaskondensatlagerstätten Russanowskoje, Leningradskoje und Krusenschternskoje wird dazu beitragen, dass die Erschließung von Erdöl- und Erdgasressourcen auf dem Jamal-Schelf in der Karasee plausibler bewertet und begründet wird.
Gasförderung
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Seit 2016 wurden im Rahmen dieses Geschäftsfeldes mehr als 160 Ergebnisse von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erzielt. Die innovative Tätigkeit auf dem Gebiet der Ausbeute von Gaslagerstätten ist darauf ausgerichtet, sowohl bestehende Lagerstätten effizienter zu nutzen als auch Kohlenwasserstoffe in neuen Regionen der Gasförderung zu erschließen, unter anderem auf dem Kontinentalschelf der Russischen Föderation.
Technologien für den Betrieb von verwässerten Gas- und Gaskondensatbohrungen unter Einsatz fester und flüssiger oberflächenaktiver Stoffe und Lift-Rohrtouren mit konzentrischer Aufhängung werden unter anderem für die Erschließung von Lagerstätten in der Region Nadym-Pur-Tas verwendet, die sich in der abschließenden Abbauphase befinden. Die Entstehung heimischer Flüssigkeiten für technologische Anwendungen beim Fracking in Bohrungen der Öl- und Gaskondensatlagerstätte Urengoiskoje ermöglicht es, die Förderung von Kohlenwasserstoffen anhand des Fracking-Verfahrens effizienter zu intensivieren.
Die entwickelte Membrantechnologie für Helium-Trennung aus Erdgas wird beim Abbau von Ressourcen aus der Öl- und Gaskondensatlagerstätte Tschajandinskoje verwendet, um Heliumkonzentrat zu gewinnen und dessen Dauerlagerung in produktiven Schichten zu gewährleisten
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Die entwickelte Membrantechnologie für Helium-Trennung aus Erdgas wird beim Abbau von Ressourcen aus der Öl- und Gaskondensatlagerstätte Tschajandinskoje verwendet, um Heliumkonzentrat zu gewinnen und dessen Dauerlagerung in produktiven Schichten zu gewährleisten. Gazprom begann bereits 2017, das Projekt für den Bau einer Anlage für die Herstellung von Heliumkonzentrat im Membranverfahren umzusetzen. Die Sollleistung der Gasaufbereitung wird in dieser Anlage 32 Milliarden Kubikmeter jährlich betragen.
Arbeiten zur Steigerung der Betriebssicherheit von Objekten der Unterwasserförderung und von stationären Bohrinseln sind im Gange. Dadurch können mögliche negative Folgen, hervorgerufen durch seismische Einwirkungen im Wasserbecken der Lagerstätte Juschno-Kirinskoje und in ähnlich beschaffenen Lagerstätten, abgeschwächt werden.
Gastransport und –speicherung
Um eine zuverlässige und reibungslose Gasversorgung sicherzustellen, verfeinert Gazprom stetig Technologien und Anlagen für Gastransporte und -speicherung, die bei der Umsetzung neuer Gastransportprojekte und für den sicheren, reibungslosen und effizienten Betrieb des Einheitlichen Gasversorgungssystems Russlands zum Einsatz kommen.
Technologien, Werkstoffe und neue technische Konzepte werden beim Bau und Betrieb der Ferngasleitungen Bowanenkowo – Uchta weiterhin vervollständigt. Dies ist ein einzigartiges Industrieobjekt, das unter extrem schwierigen Natur- und Klimaverhältnissen sowie unter Bedingungen einer komplizierten Bodenbeschaffenheit und im Modus einer beschränkten saisonbedingten Zugänglichkeit betrieben wird.
Beim Bau der Gaspipeline Power of Siberia kommen die modernsten forschungsintensiven Technologien und Anlagen zum Einsatz, die im Rahmen des Gazprom-Programms der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten speziell entwickelt worden sind: höchst zuverlässige Schnellablass- und Regelventile aus heimischer Produktion, die mit ähnlichen Importprodukten mithalten können. Ein automatisierter mobiler Komplex ist für radioskopische Untersuchungen von Schweißnähten mit erstklassiger Auflösung für Rohre mit einem Durchmesser von 1.020‒1.420 Millimetern bestimmt. Digitale Richtfunkstationen eignen sich für den Betrieb unter harten Klimaverhältnissen. Ein intelligentes Monitoringsystem für den kathodischen Korrosionsschutz der Gaspipeline ermöglicht es, das Schutzpotential optimal zu steuern und den Stromverbrauch zu reduzieren.
Technologien für die Generalüberholung der Triebwerke von Gasverdichteranlagen, wodurch deren Betriebszeit verlängert wird, ermöglichen es, den Kapitalaufwand für den Ersatz von Gasverdichteranlagen zu reduzieren. Der Einsatz hochleistungsfähiger mobiler Verdichteranlagen im Modulbauverfahren mit Gasturbinenantrieb und einer Leistung von 60.000 Kubikmetern pro Stunde wird dazu beitragen, bei Instandsetzungsarbeiten an Ferngasleitungen das Abblasen von Gas in die Atmosphäre zu verhindern.
Dank der Technologie für den selektiven Betrieb eines Speicherobjekts mittels Trennung von Gasströmen in der Bohrung eines UGS können Untertagespeicher wesentlich effizienter genutzt werden
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Dank der Technologie für den selektiven Betrieb eines Speicherobjekts mittels Trennung von Gasströmen in der Bohrung eines UGS können Untertagespeicher wesentlich effizienter genutzt werden.
Alternativ zu bestehenden Verfahren für Lieferungen von verflüssigtem und komprimiertem Erdgas wurde ein Verfahren für dessen Transport und Speicherung in adsorbiertem Zustand entwickelt. Diese Methode beruht auf kohlenstoffbasierten sorptionsaktiven nanoporösen Materialien (Methan-Sorbentien). Unter dem Gesichtspunkt der Betriebssicherheit und Energieeffizienz weist dieses Verfahren für Erdgastransporte und -speicherung eine Reihe von Vorteilen auf: Dadurch können größere Erdgasmengen unter geringerem Druck gespeichert und transportiert sowie eine bessere Brand- und Explosionssicherheit gewährleistet werden, weil das Gas in einem porösen System in gebundenem Zustand gelagert wird.
Zu den Hauptaufgaben bei der Entwicklung dieses Geschäftsfeldes gehören Untersuchungen anderer zukunftsträchtiger Materialien: zum Beispiel verschiedener modifizierter metallorganischer Gerüstverbindungen, supramolekularer Strukturen aufgrund von Kohlenstoffnanoröhren, Graphen, Torf und anderen Stoffen, um die aus wirtschaftlicher und technologischer Sicht effizientesten Methan-Adsorbentien zu definieren.
Auf dem Gebiet der Gastransporte und -speicherung wurden innerhalb von drei Jahren (2016-2018) rund 200 Ergebnisse von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erzielt.
Verarbeitung
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Bei der Verarbeitung von Kohlenwasserstoffen wurden derzeit komplexe Laboruntersuchungen und Pilottests der Technologie für Hydrokonversion von Schwerölresten unter Einsatz von Nanokatalysatoren abgeschlossen.
Um die Effizienz des Transports von Gaskondensat zu steigern, wurde ein Paraffin-Hemmstoff entwickelt und eingeführt. Komplexe technische und technologische Konzepte wurden geschaffen, um die Abnahme von Kondensat aus der Achimov-Formation im Urengoi-Werk zur Kondensataufbereitung für den Transport zu steigern. Im Rahmen dieses Geschäftsfeldes wurden innerhalb von drei Jahren 23 Ergebnisse von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erzielt.
Ölgeschäft
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Für die innovative Entwicklung des Gasgeschäfts der Gazprom-Gruppe genießt die Entwicklung von Technologien Priorität, die sicherstellen, dass die strategischen Ziele zur profitablen Steigerung der Erdölförderung und Verbesserung der Raffinerieverfahren erreicht werden.
Zu den Kerngeschäftsfeldern der innovativen Entwicklung, die auf die profitable Steigerung der Erdölförderung abzielen, gehört die Effizienzsteigerung von Bohrarbeiten: Horizontalbohrverfahren (Verlängerung des horizontalen Abschnitts einer Bohrung und mehrstufiges Fracking) sowie Technologien für die Anlage abgelenkter Bohrungen in einer Bohrlochsohle.
Ein aussichtsreiches Instrument für die Effizienzsteigerung von Bohrarbeiten sind intelligente Assistenten, die auf Technologien des maschinellen Lernens beruhen. Sie ermöglichen es, Empfehlungen aufgrund einer Analyse großer retrospektiver Datenmengen zu erteilen. In diesem Bereich wurden bereits gemeinsam mit in- und ausländischen Auftragnehmern Projekte gestartet: Unter anderem ist in einem Vertrag mit IBM die Entwicklung von Instrumenten für die Feststellung der lithologischen Beschaffenheit der Bohrlochsohle bei Bohrarbeiten vorgesehen.
Die erfolgreiche Umsetzung des Projekts für die Entwicklung von Technologien für den Abbau der Bazhenov-Formation wird es ermöglichen, neue Vorräte zu erschließen sowie bis zu 10.000 Arbeitsplätze in der Maschinenbauindustrie und bis zu 6.000 Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor der Ölbranche zu schaffen
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2017 erhielt das Projekt zur Entwicklung von Technologien für den Abbau der Bazhenov-Formation, das die Gazprom-Gruppe umsetzt, den Status eines nationalen Projekts, was dessen Bedeutung für den Staat und die Öl- und Gasbranche bestätigt. Die erfolgreiche Umsetzung des Projekts für die Entwicklung von Technologien für den Abbau der Bazhenov-Formation wird es ermöglichen, neue Vorräte zu erschließen sowie bis zu 10.000 Arbeitsplätze in der Maschinenbauindustrie und bis zu 6.000 Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor der Ölbranche zu schaffen. Sie wird die Importsubstitution von Technologien und Ausrüstung sicherstellen. Dadurch werden auch aktive Arbeiten in herkömmlichen Förderregionen wiederaufgenommen. Die erstellten technologischen Konzepte und neu gewonnenen Kompetenzen können für den Abbau anderer schwer förderbarer Vorräte in Russland verwendet werden.
Im Bereich der Vervollständigung von Raffinerieverfahren wird an der Errichtung einer Produktionsstätte in Omsk gearbeitet, wo die Herstellung von Katalysatoren für katalytisches Cracken, Hydrotreating und Hydrocracken geplant ist.
- Welche Ergebnisse wurden außerdem im Rahmen innovativer Entwicklungsarbeiten im Ölgeschäft erzielt?
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In der Lagerstätte Artschinskoje kam erstmals das UBD-Verfahren (Underbalanced Drilling) zum Einsatz. Diese Technologie ermöglicht es, in rissigen Karbonatgesteinen eine große Anzahl von Naturrissen in einer Schicht zu öffnen und die Leistung der Bohrungen zu steigern. Die Fördermengen einer neuen Sonde betrugen 160 Tonnen Erdöl pro Tag, das heißt mehr als das Doppelte von den durchschnittlichen Kennzahlen ähnlicher Bohrungen. Dadurch zahlen sich die Aufwendungen für den Einsatz eines komplizierten Hightech-Services vollständig aus. Aufgrund von Tests in der Lagerstätte Artschinskoje wird diese Technologie auch auf andere Lagerstätten mit rissigen Karbonatgesteinen übertragen.
In der Lagerstätte Nowoportowskoje kam erstmals das 20-stufige Fracking-Verfahren Plug&Perf on Coil Tubing zum Einsatz. Die tägliche Startfördermenge der Sonde betrug 188 Tonnen Erdöl. Dieses Verfahren wird bei der Erschließung von Kohlenwasserstoffvorkommen auf der Halbinsel Jamal angewandt.
In dieser Lagerstätte wurde auch erstmals in Russland der Bau einer Bohrung mit vier horizontalen verrohrten Strängen abgeschlossen. Bei deren Bau wurde Ausrüstung aus russischer Produktion verwendet, die den geologischen Verhältnissen der Lagerstätte angepasst worden war. Horizontale abgelenkte Bohrungen ermöglichen es, den Drainagebereich zu erweitern und die Fördermengen zu steigern, ohne dass zusätzliche vertikale Bohrungen niedergebracht werden müssen.
Management geistigen Eigentums
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Die meisten Ergebnisse, die ich erwähnt habe, sind durch Patente, die auf den Namen von Unternehmen der Gazprom-Gruppe erteilt wurden, geschützt oder befinden sich im Patentverfahren.
Gazprom übt eine aktive Politik im Bereich der Patentierung innovativer Projekte im Ausland aus. Seit 2015 wurden im Rahmen dieser Arbeit 23 ausländische Patente eingeholt. Diese Patente wurden in Ländern wie Japan, die VR China, Deutschland, Niederlande, Frankreich und Großbritannien, die in Bezug auf Technologien führend sind, erteilt.
- Was für Investitionen sind in die Umsetzung des Innovationsprogramms der Gazprom bis 2025 geplant?
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Die Finanzierung der Phase von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu innovativen Projekten ist in Höhe von 0,1–0,2 Prozent des Ertrags geplant. Der Gesamtaufwand in absoluten Zahlen wird über 80 Milliarden Rubel betragen. Die Investitionsphase bei der Umsetzung innovativer Projekte erfolgt im Rahmen des von Gazprom gebilligten Investitionsprogramms für die Dauer von drei Jahren.
Das in früheren Jahren gesammelte wissenschaftlich-technische Potential wird es ermöglichen, in der Zeit bis 2025 einen Kapitalaufwand von mehr als 2,8 Billionen Rubeln für die Umsetzung von Investitionsprojekten mit innovativen Technologien in der Gasbranche sicherzustellen. Darüber hinaus wird die Finanzierung für die Umsetzung von Gazprom-Projekten zur Errichtung von Versuchskomplexen und –anlagen in diesen Jahren rund 3,8 Milliarden Rubel ausmachen.
Zugleich werden die Aufwendungen für die Umsetzung der technologischen Strategie, für die Entwicklung von Objekten der innovativen Infrastruktur, für die Errichtung eines „digitalen“ Raffineriebetriebs und für die Umsetzung von Programmen zur Energieeffizienz im Ölgeschäft bei rund 42 Milliarden Rubeln liegen. Der Kapitalaufwand für die Umsetzung von Projekten mit innovativen Technologien im Elektrizitätsgeschäft wird auf ca. 180 Milliarden Rubel geschätzt.
Wasserstoff
- Welche zukunftsträchtigen Geschäftsfelder könnten Sie in der innovativen Entwicklung der Gazprom-Gruppe hervorheben?
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Es sind ziemlich viele Geschäftsfelder. Dazu gehört unter anderem die Erschließung und Einführung von Wasserstofftechnologien. Gegenwärtig erhält das Thema Wasserstoff einen immer größeren Stellenwert. Wasserstoff und darauf basierende Energieressourcen verfügen über ein großes Potential als Instrument für den Übergang zu einer, wie man heute sagt, emissionsarmen Wirtschaft. Für Gazprom sind die Herstellung und Verwendung von Methan-Wasserstoff-Mischungen ein aussichtsreiches Geschäftsfeld für die Diversifizierung und Effizienzsteigerung bei der Nutzung von Erdgas.
Voraussetzungen für die Entwicklung dieses Geschäftsfeldes entstanden vor ein paar Jahren, als im Land eine großangelegte Arbeit startete, um neue Anforderungen an Öko-Kennzahlen von Anlagen zu formulieren und beste verfügbare Technologien einzuführen. Gazprom traf eine strategisch richtige Entscheidung, indem der Konzern Arbeiten an der Erhöhung ökologischer Kennzahlen von Gasverdichteranlagen initiierte. Verschiedene technologische Konzepte wurden analysiert und auf die Probe gesetzt. Wir stellten die Aufgabe, Emissionen von Gasturbinenanlagen zu reduzieren und deren Nutzfaktor zu steigern.
Außerdem wurde Wasserstoff zu einem Top-Thema nach Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens und angesichts der Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der Gazprom auf internationalen Märkten zu steigern.
Gegenwärtig werden in Samara und Ufa zwei innovative Projekte zur Herstellung von Kraftstoff aus einem Methan-Wasserstoff-Gemisch, basierend auf adiabatischer Methankonversion, für Gasverdichteranlagen umgesetzt
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Gegenwärtig werden in Samara und Ufa zwei innovative Projekte zur Herstellung von Kraftstoff aus einem Methan-Wasserstoff-Gemisch, basierend auf adiabatischer Methankonversion, für Gasverdichteranlagen umgesetzt. Der Effekt von deren Implementierung besteht in der Einsparung von Brennstoffgas bis zu fünf Prozent, in einer Reduzierung von СО2-Treibhausgasemissionen um 30 Prozent sowie von Schadstoffen wie NOx ums 4,5fache und СO ums 5fache. Diese Technologie wurde in Russland, Japan, Südkorea, China und den USA patentiert. Als nächster Schritt gilt die Ausführung von Anlagen für die Herstellung von Methan-Wasserstoff-Kraftstoff (dessen Unifizierung) als komplettes integriertes Paket für die Serienfertigung sowie die Übertragung dieser Technologie auf Gazprom-Objekte.
Gazprom arbeitet auch an der Entwicklung komplett kohlenstofffreier Technologien für die Wasserstoffherstellung aus Erdgas. Unserer Meinung nach ist die innovative Technologie für die Erdgasspaltung in Wasser- und Kohlenstoff in nichtthermischen Plasmen aussichtsreich. Bei dieser Technologie entstehen keine Emissionen von Kohlenstoffdioxid. Darin erkennen wir ein besonderes Potential: die Möglichkeit, einerseits kohlenstoffarmen Wasserstoff für die Energiewirtschaft und andererseits hochwertiges Kohlenstoffmaterial für den Bedarf der Chemieindustrie zu erzeugen.
Ähnliche Entwicklungsarbeiten (auf der Grundlage des Methan-Crackens) nehmen auch unsere europäischen Kollegen am Karlsruher Institut für Technologie und am Potsdamer Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung vor. Wobei diese Technologien als wirtschaftlich sinnvoller gelten gegenüber der Wasserelektrolyse.
Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Grundsätze im Detail der offiziellen Stellungnahme der Gazprom zur EU-Klimastrategie in Bezug auf die Reduzierung von Treibhausgasemissionen bis 2050 zugrundgelegt und auf der Website der EU-Kommission veröffentlicht worden sind.
Helium
- Sind Helium-Technologien ebenfalls zukunftsträchtig?
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Zweifellos, wenn es sich um deren weitgehenden Einsatz in Russland handelt. Den Jahresergebnissen 2017 zufolge blieb die weltweite Helium-Herstellung gegenüber dem Vorjahr unverändert und belief sich auf 160 Millionen Kubikmeter. Als Hauptverbraucher von Helium gelten nach wie vor Länder der asiatisch-pazifischen Region (2017 entfielen auf sie 44 Prozent der weltweiten Mengen). Größter Importeur ist China, das Gas in Katar und den USA aktiv einkauft.
Russland hat gute Aussichten in der Helium-Branche, weil unser Land über 29 Prozent der weltweiten Helium-Vorräte verfügt. Auf Rang zwei liegt Katar, gefolgt von den USA und Algerien. In den nächsten Jahren ist die Errichtung einer russischen Produktionsstätte für die Helium-Herstellung auf Basis des Gasverarbeitungswerkes Amur geplant. Sie soll 2021 starten und bis 2026–2027 Jahresmengen von 60 Millionen Kubikmetern produzieren.
In Basistechnologien für die Erzeugung von flüssigem Helium erfolgt eine Kondensation bei Niedrigtemperaturen unter Hochdruck mit anschließender Separierung des Niederschlags und weiterer adsorptiver Gasreinigung von Spurensubstanzen bei Temperaturen von höchstens 194 Grad Celsius. Dieser energieaufwendige Prozess bedarf eines erheblichen Verbrauchs an Flüssigstickstoff. Außerdem beträgt der Restgehalt von Stickstoff im Helium nach der Kondensation ca. ein Prozent, weshalb eine weitere Stufe der adsorptiven Reinigung bei Niedrigtemperaturen benötigt wird.
Indessen entwickelte Gazprom VNIIGAZ, das leitende Forschungsinstitut der Gazprom, mehrere technische Konzepte für die Optimierung des Reinigungsverfahrens und für die Erzeugung von gasförmigem Helium. Erstens wird vorgeschlagen, statt der Kondensation von Stickstoff bei Niedrigtemperaturen eine Adsorption im Kurzzyklus-Betrieb ohne Erwärmung anzuwenden. Dadurch werden Flüssigstickstoff eingespart sowie Betriebskosten und folglich auch die Selbstkosten der Produkte reduziert. Zweitens wird vorgeschlagen, nach der Adsorption im Kurzzyklus-Betrieb ohne Erwärmung in einem Block für die Reinigung des Heliumkonzentrats von Stickstoff eine Membran zu verwenden. Dies ermöglicht es, die Leistung zu steigern und mehr Zielkomponenten aus dem Gasgemisch zu extrahieren.
Für die Optimierung des Reinigungsverfahrens für Heliumkonzentrat (Phase der katalytischen Oxidation) gilt die Entwicklung neuer Katalysatoren für die Oxidation von Wasserstoff und Methan als aussichtsreich, wodurch die Heliumverluste erheblich reduziert werden können. Darauf arbeiten führende russische Institute hinaus, und erste Konzepte liegen bereits vor.
Die Entwicklung und Einführung neuer heimischer Technologien für die Helium-Herstellung wird es Gazprom ermöglichen, die Wirtschaftseffizienz von Helium-Betrieben zu steigern.
Gashydrate
- Inwiefern gilt heutzutage die Einbeziehung von Gashydraten in Entwicklungsarbeiten als aussichtsreich?
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Perspektiven für die Regenerierung der weltweiten Gasressourcen sind in hohem Maße mit der Erschließung unkonventioneller Gasquellen verbunden. Vorläufig verfügen Produzenten des „blauen“ Brennstoffs in Russland über erhebliche Vorräte an herkömmlichen Gasressourcen.
Technologien für die Aufsuchung, Prospektion und Förderung, die beim Abbau konventioneller Kohlenwasserstoffe zum Einsatz kommen, sind für die Förderung von Hydratgas entweder nicht geeignet oder nicht rentabel. Für die Entwicklung dieses Sektors in der Gasbranche müssen in Russland wissenschaftlich-technische und technologische Grundlagen für den Abbau von Gashydratvorkommen geschaffen werden. Dabei sollte man sich auf bestehende internationale Erfahrungen stützen. Als Hauptprobleme, von denen die Möglichkeit für den Abbau von Gashydratvorkommen abhängt, gelten die geologische und petrographische Beschaffenheit der Vorkommen und deren Ressourcen sowie deren Entfernung zum Endverbraucher und die Wettbewerbsfähigkeit von Hydratgas in der jeweiligen Region mit herkömmlichen Kohlenwasserstoffquellen.
Da wir von der Gazprom-Gruppe sprechen, möchte ich hervorheben, dass Gazprom VNIIGAZ sich seit über 50 Jahren mit der Problematik von Gashydraten befasst. Wissenschaftler dieses Instituts forschten seit 1966 auf diesem Gebiet und wiesen nach, dass Gashydratvorkommen sich unter natürlichen Bedingungen bilden können. Mitarbeiter des Instituts bargen 1972 und untersuchten Kerne hydrathaltiger Gesteine bei einer Probeentnahme in Tiefseegewässern vom Boden des Schwarzen Meeres. In Kavernen der entnommenen Bodenproben waren hydrathaltige Einsprengungen visuell zu beobachten. Dies war faktisch die erste weltweit offiziell anerkannte Beobachtung natürlicher Gashydrate in Gesteinen.
Gegenwärtig wird diese Arbeit aktiv fortgeführt. Im Endergebnis wurden die weltweiten und russischen Vorräte von Hydratgas bewertet, Landkarten von Verbreitungsgebieten hydrathaltiger Gesteine zusammengestellt und vorrangige Objekte für deren industrielle Probeerschließung ausgewählt. Komplexe Forschungsexpeditionen zur Untersuchung natürlicher Gashydrate wurden an den Baikalsee und in den Norden Westsibiriens entsandt. Gazprom-Mitarbeiter sind Autoren mehrerer branchenbezogener Grundsatzdokumente zur Einbeziehung natürlicher Hydratvorkommen in den Abbau. Allerdings handelt es sich um eine relativ weit entfernte Zukunft, wenn die Erschließung von Gashydraten wirtschaftlich sinnvoll sein wird.
Agenda
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Heute ist für uns die Entwicklung mehrerer vorrangiger Geschäftsfelder aktuell. Dazu zählen: Prospektion und Förderung von Kohlenwasserstoffen auf dem Schelf, Verfahren zur Steigerung der geförderten Öl- und Gasmengen, Endabbau der Lagerstätten von Niederdruckgas aus der Cenoman-Formation, Erschließung von tief liegenden Kohlenwasserstoffvorkommen, Schaffung digitaler Modelle von Lagerstätten, unterirdischen Gasspeichern und Systemen für die Offshore-Förderung von Kohlenwasserstoffen, Verarbeitung von Rohstoffen komplizierter Zusammensetzung, Steigerung der Verarbeitungstiefe von Kohlenwasserstoffen, Entwicklung von Gasmotortechnologien, Entwicklung der LNG-Sparte und natürlich die Vervollkommnung von Technologien für Gastransporte.
Ich möchte insbesondere auf die Digitalisierung von Produktionsprozessen aufmerksam machen. Digitale Technologien sind bereits integrierter Bestandteil unserer Welt, und die marktführende Stellung eines Unternehmens ist ohne Einführung intelligenter Kontroll- und Leitsysteme unmöglich. In diesem Bereich sind folgende Geschäftsfelder aktuell: Schaffung von Modellen und experimentelle Forschung von Prozessen, die im natürlichen Umfeld ablaufen, Entwicklung von Software für die Bearbeitung und Interpretation geologischer und geophysikalischer Daten etc. Diese Entwicklungsarbeiten werden dazu dienen, virtuelle Darstellungen von Industrieobjekten, die Abläufe bei der Entstehung neuer Muster für Technik, Planung und Bauwesen beschleunigen, zu erhalten. Künstliche Intelligenz kann auch helfen, einen Durchbruch beim Modellieren der Entwicklung von Gasmärkten zu schaffen.
Da unsere neuen Förderungszentren von den maßgeblichen Absatzmärkten sehr weit entfernt sind, ist für uns die Einführung von Innovationen vor allem für effizientere Rohstofflieferungen an Verbraucher äußerst wichtig. Wir lenken zum Beispiel unser Augenmerk insbesondere auf eine Vervollkommnung der Innenbeschichtung von Rohren und der Drucksteigerung in den Rohren, was zur Leistungssteigerung von Ferngasleitungen und zu zunehmenden Energieeinsparungen beiträgt.
Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit von Gaspipelines wird zu 70 Prozent aufgrund der zunehmenden Wirtschaftlichkeit von Gasturbinenanlagen und Zentrifugalkompressoren von Gasverdichteranlagen gesichert. Gazprom machte sich mit einer neuen Klasse einzigartiger Verdichterstationen in Küstenbereichen, die vor Offshore-Gaspipelines errichtet werden, vertraut. Diese Stationen zeichnen sich durch einen bis auf 28 Megapascal erhöhten Betriebsdruck, durch die Ausstattung mit einer Gastrockenanlagen, mit Sicherheitssystemen für die Verdichterstation sowie durch einen Druck- und Temperaturschutz bei der Gasausspeicherung aus. Alle diese Innovationen erschließen und führen wir gemeinsam mit heimischen Rohrunternehmen und Maschinenbaubetrieben ein.