Zunahme von Lieferungen
25. Oktober 2021
Der Beitrag erschien in der Unternehmenszeitschrift „Gazprom“, Nr. 10. Autor: Sergey Pravosudov
Fragen der Zeitschrift beantwortet Elena Burmistrova, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der PAO Gazprom und Generaldirektorin der Gazprom Export
- Frau Burmistrova, schildern Sie bitte die Situation auf dem europäischen Gasmarkt, die im laufenden Jahr entstanden ist. Welche Gasmengen wird Gazprom gemäß Plan ins ferne Ausland im Jahr 2021 verkauft haben und zu welchem Durchschnittspreis? Werden zunehmende Exporte im Jahr 2022 erwartet?
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Wir halten uns weiterhin an die Einschätzung, dass die Liefermengen von Gazprom-Gas nach Europa und in die Türkei aufgrund von Jahresergebnissen bei 183 Milliarden Kubikmetern liegen können. Dabei berichtigten wir nach der ersten Jahreshälfte den voraussichtlichen Durchschnittspreis 2021, der nun ca. 270 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter beträgt. 2022 werden jedoch der Witterungsfaktor und die Konjunktur am LNG–Markt den Lieferumfang hauptsächlich bestimmen.
Bekanntlich wurden in den EU-Ländern im vergangenen Winter 2020/2021 Rekordmengen von Gas ausgespeichert: 66 Milliarden Kubikmeter. Grund dafür sind der kalte Winter und das anhaltend kühle Wetter im Frühling. Die Einspeisung von Gas in europäische UGS begann also drei Wochen später als gewohnt. Mitte September wies die Einspeicherung von Erdgas in Europa einen Rückstand von über 22 Milliarden Kubikmetern auf. Experten in Europa und Asien sprechen davon, dass dieser Rückstand bei der Gaseinspeisung in europäische Untertagespeicher kaum aufzuholen ist. Europa wird in den Herbst und Winter mit einem Defizit in unterirdischen Speichern schreiten. Diese Situation regt die Nachfrage eindeutig an und wirkt sich auf Preise aus.
Preisschwankungen
- 2020‒2021 zeigten Gasnotierungen an den Börsen einen mehr als 20fachen Unterschied. Sind also irgendwelche Mechanismen erforderlich, um derartige Schwankungen zu behindern?
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Man kann ganz gewiss sagen, dass nicht der Aufbau des Gasmarktes selbst, sondern vornehmlich Außenfaktoren einen wesentlichen Preisrutsch im letzten Jahr sowie aufgeschwungene Börsenkurse in diesem Jahr bewirkten. Zu diesen Faktoren gehören sowohl allgemeine Konjunkturschwankungen als auch ungleichmäßige Konjunkturerholung in einigen Ländern sowie Umleitung großer LNG-Ströme auf den asiatischen Markt. Laut Angaben der Gas Infrastructure Europe sind in Europa betriebene LNG-Terminale derzeit etwa zur Hälfte ausgelastet. Die Volatilität des globalen LNG-Handels, die von europäischen Handelsplätzen auszugleichen gewesen war, trug unter anderem dazu bei.
Eine andere Sache ist es, dass an den Ölpreis gekoppelte Verträge mit monatelang bestehenden Mittelpreisen die Preisvolatilität zuvor ganz zuverlässig verringerten. Dies ermöglichte es, einige Außenschwankungen zu überbrücken. Dennoch basiert die gegenwärtige Marktarchitektur maßgeblich auf Börsenkursen liquider Handelsplattformen. Also nahm der Anteil von Verträgen, die an Spotpreise und Terminkurse an europäischen Börsen gekoppelt sind, auch in unserem Portfolio in den vergangenen Jahren zusehends zu.
Dabei setzen wir eine erweiterte Indexbindung von Preisen für beständigere Terminprodukte ein, um Finanzströme vorhersehbar zu machen. Das sind Produkte mit einer langfristigeren Zeitbasis wie Quartal und Jahr.
- Welche Perspektiven gibt es für Gaslieferungen in die Türkei?
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Die Türkei gilt seit Jahren als einer der größten Käufer von russischem Gas, und die Ergebnisse des vergangenen Jahres 2020 zeugen auch davon. Trotz aller durch die Corona-Pandemie bedingten Schwierigkeiten sind in dieses Land gelieferte Mengen von unserem Gas praktisch auf dem Niveau des Jahres 2019 geblieben. Dazu stockten wir binnen neun Monaten 2021 unsere Gaslieferungen in die Türkei um 138,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf.
Im Hinblick auf die bestehende Dynamik werden türkische Verbraucher erwartungsgemäß ca. 24–25 Milliarden Kubikmeter von russischem Gas beziehen. Solche Kennzahlen beweisen zweifelsohne eine beachtliche Wettbewerbsfähigkeit und hohe Nachfrage nach russischem Gas am türkischen Markt.
Wir beabsichtigen es, die fruchtbare Zusammenarbeit mit unseren türkischen Partnern fortzusetzen und auszubauen, unter anderem im Rahmen der Umsetzung des Projektes TurkStream.
- Werden zunehmende Gaslieferungen in die Balkanregion und nach Ungarn in mittelfristiger Perspektive erwartet?
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Die Zunahme von verkauften Gasmengen in Ländern der Balkanregion und in Ungarn hängt von der Entwicklung der wirtschaftlichen Situation in diesen Staaten sowie von der Wettbewerbsfähigkeit von russischem Gas an Energiemärkten ab.
Ende September unterzeichneten wir einen neuen 15-jährgen Vertrag zu Gaslieferungen nach Ungarn, demgemäß Gas über eine neue Transportroute fließen soll. Ab dem 1. Oktober 2021 sind alle Gastransportkapazitäten an der Grenze zwischen Ungarn und Serbien für den Betrieb bereit. Dies ermöglichte es, Erdgaslieferungen nach Ungarn und Kroatien über eine neue Route durch die Gaspipeline TurkStream und nationale Gastransportsysteme Bulgariens und Serbiens aufzunehmen.
- Wie viel Gas wird Gazprom über eigene elektronische Handelsplattform in diesem Jahr plangemäß abgesetzt haben?
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Derzeit wird Gas über elektronische Handelsplattform hauptsächlich im Rahmen von Termingeschäften verkauft. Zum September 2021 wurden ca. 7,4 Milliarden Kubikmeter abgesetzt, die in diesem Jahr zu liefern sind.
Dieses Handelsinstrument, das neben unseren langfristigen Verträgen zum Einsatz kommt, dient dazu, auf Konjunkturveränderungen flexibel zu reagieren. Daher würde ich jetzt keine präzisen Zahlen nennen. Dabei bewies die elektronische Handelsplattform, wie auch in den letzten Jahren, ihr zuverlässiges Funktionieren und erwies sich als ein flexibles Instrument für den zusätzlichen Gasverkauf.
LNG
- Wie viel LNG-Mengen beabsichtigt Gazprom dieses Jahr zu verkaufen? Wie sehen mittel- und langfristige Pläne in diesem Geschäftsfeld aus?
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Verflüssigtes Erdgas gilt gegenwärtig als ein wichtiges Instrument im Gasportfolio der Gazprom-Gruppe. Flüssiggas ermöglicht es uns, in entfernten Märkten präsent zu sein sowie Routen für Lieferungen an Verbraucher flexibler zu machen und zu diversifizieren.
Wir stocken unser LNG-Portfolio aktiv auf. Binnen letzten paar Jahren haben wir es verdoppelt. Aufgrund von Jahresergebnissen 2021 haben wir es vor, über acht Millionen Tonnen LNG zu verkaufen. Eine solche erhebliche Zunahme von Lieferungen erfolgte durch die Aufstockung von Absatzmengen aufgrund von langfristigen Verträgen sowie durch eine wesentliche Steigerung der Anzahl von Trading-Geschäften.
Unser LNG-Handel soll in den kommenden Jahren ein neues Niveau erreichen, und zwar durch zusätzliche Mengen in unserem LNG-Portfolio, die uns der Industriekomplex für Erdgasverflüssigung in der Umgebung der Verdichterstation Portowaja mit einer Kapazität von 1,5 Millionen Tonnen LNG pro Jahr sowie der projektierte Industriekomplex für Verarbeitung und Verflüssigung von Erdgas in der Umgebung der Siedlung Ust-Luga mit einer geplanten Kapazität von 13 Millionen Tonnen LNG jährlich gewährleisten werden.
Der größte Teil von Kunden im Rahmen unseres Vertragsportfolios entfällt derzeit auf die Länder der asiatisch-pazifischen Region. Aber wir bauen planmäßig unsere Arbeit mit herkömmlichen und neuen Verbrauchern und Lieferanten in den Ländern Südostasiens sowie in Afrika und im Nahen Osten aus.
- Schildern Sie bitte Ihre Vision, wie wird der Wettbewerb zwischen LNG und Pipelinegas auf dem europäischen Markt aussehen? Soll dieser Brennstoffwettbewerb mittel- und langfristig noch stärker werden?
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Im Jahr 2021 wurden LNG-Ströme angesichts höherer Preise in der asiatisch-pazifischen Region, verursacht durch einen relativ kalten Winter und heißen Sommer sowie durch die wiederhergestellte Nachfrage nach Gas nach dem ersten Pandemie-Jahr, in die Länder der asiatisch-pazifischen Region umgeleitet. Angesichts der Gebundenheit regionaler Märkte aneinander, die in letzten Jahren nur stärker wird, hat das zu einer übermäßigen Erhöhung der Gaspreise in Europa geführt.
Derzeit ist der Wettbewerb zwischen Pipelinegas und LNG eine globale Frage und weist in regionalen Märkten eine wellenartige Dynamik auf. Ob diese Brennstoffkonkurrenz im europäischen Markt zu- oder abnimmt, wird also dadurch bestimmt, inwieweit LNG-Lieferungen nach Europa attraktiver als Lieferungen in die Länder der asiatisch-pazifischen Region sind, was wiederum davon abhängt, wie groß die sogenannte asiatische Prämie ist (damit wird die Differenz zwischen Spotpreisen in Asien und Europa gemeint). Eine positive und im Hinblick auf Transporte berichtigte Prämie bewirkt die Umleitung von LNG-Strömen in Richtung Asien. Genau dies beobachten wir derzeit. So haben beispielsweise die zwei größten Exporteure, nämlich die USA und Katar, in der ersten Jahreshälfte 2021 ihre gesamten nach Europa gelieferten LNG-Mengen um 8,69 Milliarden Kubikmeter bzw. etwa um 25 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum 2020 herabgesetzt.
Späterhin sind eine weltweit wachsende Anzahl von Gasverflüssigungskapazitäten sowie die LNG-Wettbewerbsstärkung zu erwarten. Die Entwicklung der LNG-Branche in der Welt soll jeweils für den Stand des europäischen Gasmarktes ausschlaggebend sein. Dennoch ist die Gazprom-Gruppe angesichts ihres bestehenden Portfolios und Projekte, die sie in solchen Bereichen wie LNG und Pipelinegas umsetzt, der Wettbewerbsfähigkeit ihrer künftigen Lieferungen auf diesen sich so rapid verändernden Markt ganz gewiss.
Voraussichtliche Spanne zwischen Indizes der LNG-Spotpreise in Asien und Europa (Stand: 04.10.2021)
LNG-Preise, US-Dollar pro eine Million BTU
JKM NWE-MED Spanne November 2021
28,96
26,38
+2,58
US-Dollar pro eine Million BTU
aus Australien
aus Katar
aus den USA
aus Nigeria
Spanne zwischen LNG-Spotpreisen in Asien und Europa mit Rücksicht auf Transportkosten im November 2021
3,93
2,81
1,64
1,73
Transportkosten nach Europa
2,06
1,22
0,81
0,74
Transportkosten in die Länder der asiatisch-pazifischen Region
0,71
0,99
1,75
1,59
Quelle: Gazprom Export
Perspektiven für Gas
- Wird der Gasverbrauch weltweit zunehmen? Wie sehen Perspektiven für Gas bei der Strom- und Wärmeerzeugung aus?
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Laut Schätzungen von Branchenexperten wird der globale Gasverbrauch langfristig steigen und soll seinen Höchstwert im Jahr 2032 erreichen. Das Wachstum der Nachfrage wird bei etwa 17 Prozent liegen: von erwarteten vier Billionen Kubikmetern im Jahr 2021 auf 4,7 Billionen Kubikmeter. Dabei werden auf die Strom- und Wärmeerzeugung bis zum Jahr 2030 rund 38 Prozent des Gesamtverbrauchs entfallen.
Bisherigen Schätzungen zufolge soll die Nachfrage nach Gas in europäischen Ländern im nächsten Jahrzehnt ein bisschen abnehmen: von 544 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2021 auf ca. 537 Milliarden Kubikmeter bis 2030. Eine wesentlichere Nachfrageverringerung wird bis 2040 erwartet. Solche Prognose sieht allerdings nicht voraus, dass der Gasverbrauch für die Herstellung von Wasserstoff eventuell zunehmen kann.
In der europäischen Strom- und Wärmeerzeugung erwarten Analysten ähnliche Trends: Der Anteil dieser Sektoren am Gasverbrauch soll sich in der langfristigen Perspektive einigermaßen mindern. Daneben wird laut Konsensprognose der Branchenexperten die gesamte Nachfrage nach Gasimporten in Europa wegen des Rückgangs eigener Förderung in der Region nur steigen, ungeachtet dessen, dass der Verbrauch geringerer wird. In Zahlen sollen Importe verglichen mit durchschnittlichen Werten 2018–2020 um etwa 35 Milliarden Kubikmeter in 2030 und um 15 Milliarden Kubikmeter bis 2040 zulegen.
- Wird eine erweiterte Nutzung von Gas als Kraftstoff erwartet? Wie sehen die Gazprom-Pläne in diesem Bereich an internationalen Märkten aus?
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Auf dem europäischen Markt ist Gazprom im Segment der Erdgasfahrzeuge durch solche Gesellschaften wie Gazprom NGV Europe GmbH in Deutschland und Tschechien sowie durch NIS (gehört der Unternehmensgruppe Gazprom Neft an) vertreten. Die letzte befasst sich mit der Vermarktung von komprimiertem Erdgas (CNG) auf dem serbischen Markt. Anfang 2021 verfügte die Gazprom-Gruppe über 65 Erdgastankstellen in dieser Region, und die Verkaufsmengen von Erdgas als Kraftstoff an eigenen Tankstellen der Gazprom-Gruppe machten im Jahr 2020 13,6 Millionen Kubikmeter aus. Trotz Einschränkungen, verursacht durch die Verbreitung der Corona-Infektion, sind die jährlichen Absatzmengen von CNG in jedem Land, in dem die Gazprom-Gruppe präsent ist, im Jahr 2020 gestiegen. Das zeugt von einer zunehmenden Nachfrage nach Erdgas als Kraftstoff.
Gegenwärtig gelten in mehreren europäischen Ländern einige Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, die Nutzung von Erdgas als Kraftstoff zu fördern. Dazu gehören Steuerbegünstigungen, Abschaffung der Straßenbenutzungsgebühr sowie Unterstützung bei der Entwicklung der Erdgastankstelleninfrastruktur. Den Unternehmen, die Erdgas als Kraftstoff absetzen, wird es unter anderem erlaubt, CO2-Zertifikate zu verkaufen. Derartige Maßnahmen schaffen günstige Voraussetzungen für die Entwicklung dieses Marktes und folglich für die Entwicklung des Geschäfts der Gazprom-Gruppe im Segment der Erdgasfahrzeuge.
Bei Transporten mit Lastkraftwagen und Wasserfahrzeugen stellt verflüssigtes Erdgas solch eine Lösung für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen dar, die kaum ihresgleichen hat. Derzeit beobachten wir bereits eine zusehends gewachsene Anzahl von Verkehrsmitteln und aufgestockte Gasverkäufe in diesem Segment. Wir sind uns also davon überzeugt, dass die LNG-Nutzung in Transportmitteln ein riesiges Potenzial aufweist.
Im Wasserverkehr setzen wir weiterhin Projekte um, die darauf ausgerichtet sind, den Markt für LNG-Bunkerung in der Ostseeregion zu entwickeln. Im August 2021 wurde das LNG-Bunkerschiff Dmitry Mendeleev in Betrieb genommen. Das ist das erste LNG-Bunkerschiff in Russland, das Schiffe in der Ostsee mit verflüssigtem Erdgas betanken wird. Es wird ferner die Möglichkeit geprüft, auch in übrigen Regionen, unter andrem im Fernen Osten Russlands, die LNG-Bunkerung erweitert zu nutzen und eine angemessene Infrastruktur für die Herstellung von verflüssigtem Gas auszubauen.
- Ist es möglich, dass erneuerbare Energiequellen solche Brennstoffe wie Gas und Kohle sowie Kernenergie in Europa gänzlich ersetzen?
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Ungeachtet dessen, dass seitens der Europäischen Union eine rücklaufende Nachfrage nach Gas in der langfristigen Perspektive erwartet wird – Grund dafür ist die Umsetzung angekündigter Pläne zur Umstellung auf erneuerbare Energien sowie auf grünen Wasserstoff –, erfolgt ein totaler Ersatz nicht. Darüber hinaus wird ein angestiegener Gasverbrauch durch die Erzeugung von kohlenstoffarmem Wasserstoff bewirkt. Mittelfristig erwarten wir bereits die Entstehung von geschäftlich effizienten Technologien für Methanpyrolyse, die es ermöglichen, Wasserstoff aus Erdgas ohne CO2-Emissionen zu gewinnen. Auch bei Gazprom wird es ganz aktiv an der Entwicklung solcher Technologien gearbeitet.
Wir erkennen unter anderem Perspektiven für eine Zunahme der Nachfrage nach Gas seitens europäischer Betriebe für die Herstellung von blauem Wasserstoff, deren Bau bereits geplant ist. Die nationalen Wasserstoffstrategien mehrerer Länder sowie Schätzungen von Branchenexperten und Regulatoren beweisen es, dass die Entwicklung einer kohlenstoffarmen Wasserstoffherstellung aus Erdgas ganz erforderlich ist: Solche Wasserstoffart kann in größeren Mengen produziert werden und ist wettbewerbsfähiger als grüner Wasserstoff.
Darüber hinaus wird es in Europa beabsichtigt, Kohlekraftwerke schrittweise außer Betrieb zu setzen. Dazu tragen folgende Faktoren wie Besteuerung von Kohlenstoffemissionen sowie steigende Preise für CO2-Quoten bei. Allerdings ist es zu erwähnen, dass seit der Winterzeit 2020/2021 gestiegener Kohleverbrauch für die Stromerzeugung durch hohe Gaspreise und erhöhte Nachfrage nach Elektroenergie verursacht wurde. Dies wurde also nicht durch zielgerichtete Handlungen irgendeiner der Parteien bedingt, sondern durch einen Einfluss von marktwirtschaftlichen Faktoren, nämlich durch die Marktsituation für Kohle, Gas, Strom und Quoten. All dies zeugt davon, dass der Kohleausstieg in der europäischen Energiewirtschaft nicht so stürmisch erfolgt, als zuvor erwartet.
Was die Zukunft der Kernenergie in Europa betrifft, dann gibt es dazu keine eindeutige Meinung. Einige EU-Länder beabsichtigen es, bereits in den nächsten Jahrzehnten Atomkraftwerke teilweise oder völlig stillzulegen. Zeitgleich wird es in mehreren Ländern in Mittel- und Osteuropa die Möglichkeit evaluiert, neue Kernenergieblöcke zu bauen.
- Welche Auswirkungen kann die Einführung der CO2-Steuer in Europa auf die Lieferungen der Gazprom Export nach sich ziehen?
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Gazprom agiert seit Jahren als großer und zuverlässiger Erdgaslieferant nach Europa. Und Erdgas stellt bekanntlich den umweltfreundlichsten fossilen Brennstoff dar, dem sowohl die Europäische Union als auch die Weltgemeinschaft eine große Bedeutung bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen zuerkennen.
In diesem Zusammenhang und im Hinblick auf den von der Europäischen Kommission verkündeten Gesetzentwurf zur Einführung der CO2-Steuer im grenzüberschreitenden Warenverkehr betrachten wir die EU-Entscheidung, diese Steuer für Erdgaslieferungen nicht zu erheben, als durchaus begründet.
Sollte auch die Gasbranche nachher jedoch besteuert werden, wird Gazprom trotzdem eine hohe Wettbewerbsfähigkeit aufweisen, und zwar durch eine kontinuierliche Implementierung unternehmenseigener effizienter Maßnahmen zur Emissionsminderung. Gazprom-Pipelinegasexporte nach Europa haben die geringste Kohlenstoffspur und entsprechen maximal europäischen Klimazielen. Die Nutzung unserer neuen Gaspipeline Nord Stream 2 für europäische Gaslieferungen soll es ermöglichen, den CO2-Fußabdruck zu verringern. Dies erklärt sich dadurch, dass diese Route umweltfreundlicher als die herkömmliche Route ist, die vor Jahrzehnten errichtet wurde.
China
- Wie viel Gas beabsichtigt es Gazprom, nach China in diesem Jahr zu liefern? Welche Perspektiven gibt es für Lieferungen auf diesen Markt?
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Lieferungen in die Volksrepublik China über die Ostroute erfolgen derzeit gemäß vereinbarten Bedingungen und übersteigen sogar ein wenig unsere vertraglichen Tagesmengen. Ich möchte die Bereitschaft der Gazprom erwähnen, jegliche Verpflichtungen gegenüber chinesischen Partnern vollumfänglich zu erfüllen. Gegenwärtig wird es an der Kapazitätserhöhung der Pipeline Power of Siberia schrittweise gearbeitet, um Exportlieferungen nach China in einem Umfang von bis zu 38 Milliarden Kubikmetern pro Jahr zu gewährleisten. Binnen neun Monaten 2021 wurden laut bisherigen Informationen nach China durch diese Pipeline 7,1 Milliarden Kubikmeter Gas geliefert.
Darüber hinaus werden derzeit einige aussichtsreiche Projekte zu russischen Pipelinegaslieferungen nach China entwickelt. Eines davon ist ein Projekt zu Gaslieferungen durch die Mongolei. Im Jahr 2021 wurden in Rahmen dieses Projektes Ergebnisse der Machbarkeitsanalyse zum Bauprojekt einer Gaspipeline in mongolischem Hoheitsgebiet gebilligt, eine optimale Route für deren Verlauf bestimmt sowie grundsätzliche technische und technologische Eckdaten aufgearbeitet. Gegenwärtig wird eine Machbarkeitsstudie zu diesem Projekt vorbereitet.
- Plant Gazprom das UGS–System in China auszubauen?
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Derzeit setzt Gazprom keine Infrastrukturprojekte in China um.
- Berichten Sie bitte kurz über Absichten in Bezug auf Heliumexporte.
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Gazprom startete bereits geschäftliche Heliumlieferungen aus dem Gasverarbeitungswerk Amur, einem der größten und hochmodernsten Gasverarbeitungswerke weltweit. Das marktfähige Helium wird über Häfen in der Verwaltungsregion Primorje exportiert. Zu diesem Zweck errichtete Gazprom einen speziellen Helium-Hub, in den Helium mit Straßenfahrzeugen in Kryocontainern befördert wird.
Wir schlossen also mehrere langfristige Lieferabkommen in einem Gesamtumfang von bis zu 60 Millionen Kubikmetern pro Jahr ab. So große Liefermengen soll uns das Gasverarbeitungswerk Amur ermöglichen, nachdem es im Jahr 2025 seine volle geplante Kapazität erreicht hat. Zu den Großkunden gehören Länder der asiatisch-pazifischen Region, vor allem China.
Foto: Gazprom, NOVATEK, Wärtsilä und astora GmbH.