INFRASTRUKTUR

Eisenbahnstrecke Obskaja – Bowanenkowo

Ein wichtiges Element in der Umsetzung des Megaprojekts Jamal
Kilometer
572
Kilometer

Diese Eisenbahnstrecke wurde zu einem wichtigen Element des Megaprojekts Jamal, das Gazprom umsetzt. Unter den harten Klimabedingungen am Nordpol ermöglicht sie, unabhängig von den Witterungsverhältnissen ganzjährige, schnelle und kostengünstigste Lieferungen von Technik und Baustoffen sowie die Beförderung von Personal zu den Lagerstätten auf der Halbinsel Jamal. Zuvor erfolgten Güterlieferungen auf die Halbinsel mit Hochseeschiffen während der Sommerschifffahrtsperiode über den Hafen Charassawei. Die Entstehung einer umfassenden Infrastruktur wäre jedoch ohne entsprechende Entwicklung der Eisenbahnverbindung auf Jamal nicht möglich gewesen.

Die Eisenbahnstrecke von der Station Obskaja bis zur Station Karskaja ist 572 Kilometer lang (bis Bowanenkowo sind es 525 Kilometer). Die Bahnstrecke umfasst fünf Stationen, zwölf Ausweichstellen und 70 Brücken mit einer Gesamtlänge von mehr als zwölf Kilometern. Der Verkehr wurde auf dieser Bahnstrecke 2011 eröffnet.

Besonderheiten des Baus

Dauerfrostboden und äußerst moorastiges Gelände sowie die Erfordernis, mit der Umwelt auf der Halbinsel Jamal schonend umzugehen, setzten voraus, dass beim Bau der Eisenbahnstrecke Obskaja – Bowanenkowo einzigartige Technologien angewandt wurden.

Um das Ökosystem und die Tragfähigkeit des Dauerfrostbodens zu erhalten, wurden die Kernobjekte nur bei Minustemperaturen gebaut. Für den Eisenbahndamm wurde feuchter Schluffsand aufgeschüttet, der unter Einwirkung von Niedrigtemperaturen die benötigte Festigkeit erreicht. Damit die Anschüttung in den Sommermonaten fest bleibt, wurde ein einzigartiges mehrschichtiges Wärmedämmungssystem entwickelt und angewandt (auf gefrorenen Sand wurde Geofoam gelegt und es wurden Decken aus Geotextilien errichtet).

Beim Bau der Eisenbahnstrecke waren ca. 7.500 Arbeiter eingesetzt. Gleise, komplizierte Metallbauteile und Wärmedämmungen, die beim Bau verwendet wurden, sind in heimischen Betrieben hergestellt worden.

Brückenübergang über den Juribei-Fluss

Die Errichtung des Brückenübergangs über die Talaue des Juribei-Flusses war die schwierigste Phase in der Umsetzung des Bauprojekts für die Eisenbahnstrecke Obskaja – Bowanenkowo. Dieser Brückenübergang hat sowohl hinsichtlich der besonderen Bauweise als auch der klimatischen und geokryologischen Bau- und Betriebsbedingungen in der Praxis des Brückenbaus nicht seinesgleichen.

Es ist die weltweit längste Brücke jenseits des Polarkreises. Sie ist 3,9 Kilometer lang und hat eine Betriebsdauer von 100 Jahren.

Es ist gelungen, sie auf einem Boden zu errichten, der für Bauarbeiten praktisch ungeeignet ist: Dauerfrostboden mit Einsprengungen in Form von Kryopegen (Salzstaublösungen, die im Dauerfrostboden enthalten sind und selbst bei Temperaturen von über minus 30 Grad Celsius nicht gefrieren).

Um das Ökosystem der Talaue des Juribei-Flusses zu erhalten, wurde der Brückenübergang ohne die im Brückenbau herkömmliche Bodenschüttung errichtet. Dadurch hat die Brücke eine sehr große Länge: Sie überquert nicht nur die eigentliche Talaue, sondern verläuft über das gesamte Gelände, das überflutet wird, wenn der Fluss aus seinen Ufern austritt.

Dieses Bauwerk stellt 107 standardisierte Brückenfelder von je 34,2 Metern und zwei Fachwerkträger von je 110 Metern dar. Die Brückenfelder und Fachwerkträger sind an 110 Pfeilern aus Metallrohren mit einem Durchmesser von 1,2 bis 2,4 Metern montiert, die mit bewehrtem Beton ausgefüllt sind. Die Pfeiler sind in den Dauerfrostboden 20 bis 40 Meter tief abgesenkt. Dank moderner Technologien und eines speziellen Gefrierverfahrens (Thermostabilisierung) frieren die Pfeiler buchstäblich mit dem Eis (Dauerfrostboden) zusammen, was der Brücke zusätzliche Beständigkeit verleiht. Bahnbrechende Technologien, die von russischen Wissenschaftlern und Konstrukteuren entwickelt worden sind, ermöglichen es, den Dauerfrostboden vor dem Schmelzen zu schützen.

Aufbau des Brückenpfeilers
Aufbau des Brückenpfeilers

Aufbau des Brückenpfeilers

Innerhalb von 349 Tagen, die der Bau dieser Brücke in Anspruch genommen hatte, wurden 26.500 Tonnen Metallbauteile montiert, davon 8.700 Tonnen Brückenfelder und 17.800 Tonnen Metallbauteile für Pfeiler.

Umweltschutz

Juribei ist ein außergewöhnlicher Fluss. Das Flussbett ist höchstens 200 bis 300 Meter breit. Nur für ein paar Tage im Jahr tritt der Strom drei bis vier Kilometer breit aus seinen Ufern und kehrt anschließend in sein ursprüngliches Flussbett zurück. Das Wasser und die Ufer des Juribei stellen ein einmaliges Ökosystem dar und haben großen kulturellen und historischen Wert.

In den Gewässern des Juribei laichen Edelfische: Weißlachs und Muksun-Maräne. An den steilen Flussufern nisten seltene Vogelarten, die ins russische Rote Buch aufgenommen worden sind. Nur dort brüten sie. Im Unterlauf des Flusses kommen auf Sommerweiden junge Rentiere zur Welt.

Für gebürtige Bewohner der Tundra ist dieser Ort von sakraler Bedeutung, damit sind zahlreiche Legenden verbunden. An den Juribei-Ufern liegen die wichtigsten Heiligtümer der indigenen Völker des Hohen Nordens. Die Bewohner der Tundra bringen ihre Opfergaben dem eigenwilligen Juribei-Fluss. Sie gehen jedes Mal an einem neuen Ort auf Fischfang, damit der Strom zwischendurch ruhen kann. Sie gehen auf Vogeljagd ausschließlich, um ihren Hunger zu stillen. Die Menschen dort sind darum bemüht, der Natur nur so viel zu nehmen, wie sie für ihren Lebensunterhalt benötigen.

Wissenschaftler entdeckten in der Umgebung des Juribei Spuren uralter Zivilisationen sowie Überreste zweier Mammute, die heute der wissenschaftlichen Weltgemeinschaft als Mammutkalb Mascha und Mammutkind Ljuba bekannt sind.

Um die über Jahrhunderte entstandenen Grundfesten der Einwohner dieser Region nicht zu zerstören und die einmalige Tier- und Pflanzenwelt zu erhalten, fanden die Bauingenieure für den Brückenübergang über den Juribei-Fluss eine exklusive Lösung: Sie errichteten eine einzigartige Hochstraße, indem sie den Bahndamm über dem Wasser anhoben. Mit den Bauarbeiten wurde nicht begonnen, solange nicht spezifische bausichere Technologien gefunden worden sind.

Das Projekt wurde so entwickelt, damit kein einziges Bauelement die althergebrachte Lebensweise der indigenen Völker und die Umwelt der Halbinsel Jamal während des Brückenbaus und -betriebs schädigt.